Christian Gorber

S 5 TEL Bodenseekreis

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Flugunfall über der Bodenseeregion

 

Die Kollision zweier Flugzeuge in der Nacht vom 01. auf den 02.Juli 2002 (siehe Brandhilfe 8/2002) erforderte einen einwöchigen Großeinsatz der Freiwilligen Feuerwehren sowie der anderen Hilfsorganisationen, bei dem insgesamt rund 1.100 Helfer eingesetzt wurden. Alleine von den rund 600 eingesetzten Feuerwehrangehörigen, die mit 70 Fahrzeugen, sechs Booten und zahlreichen Geräteanhängern im Einsatz waren, wurden an die 6.600 ehrenamtliche Einsatzstunden geleistet. Gleichzeitig wurde das Ereignis zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg.

 


Montag, 01.07.2002

Nach den zwischenzeitlich veröffentlichten ersten Untersuchungen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) ereignete sich der Zusammenstoß einer von Bergamo nach Brüssel fliegenden Boeing 757-Frachtmaschine des Carriers DHL mit einem von Moskau nach Barcelona fliegenden Passagierflugzeug des Typs Tupolev TU 154 der Fluggesellschaft „Bashkirian Airlines“ (Russische Föderation) am Abend des 01.07.2002 um exakt 23 Uhr 34 und 32 Sekunden. Die Maschinen befinden sich zu diesem Zeitpunkt auf einer Flughöhe von etwa 35.300 Fuß (= rd. 10.770 Meter) über dem Bodensee zwischen Litzelstetten (Landkreis Konstanz) und Birnau (Bodenseekreis). Es ist eine laue Sommernacht, in der die Cafés und Biergärten der Region noch gut besetzt sind, was dazu führt, dass hunderte Menschen, darunter auch viele Einsatzkräfte, Augenzeugen des Unglücks werden. Im ersten Moment denken viele zuerst an ein Himmelsphänomen, eine Übung der Bundeswehr mit Leuchtgranaten oder ähnliches als nach einem überlauten, langanhaltenden Donnergrollen scheinbar in Zeitlupe orangefarben leuchtende Objekte zur Erde sinken. Noch ist den wenigsten Beobachtern klar, dass gerade teilweise tonnenschwere, brennende Flugzeugtrümmer aus fast 11 Kilometern Höhe vom Himmel rasen und die Stadt Überlingen sowie die Gemeinde Owingen nur um Haaresbreite verfehlen.

Um 23 Uhr 39 geht in der Integrierten Leitstelle des Bodenseekreises (ILSt) der erste Notruf ein. Gemeldet wird ein Brand in einem Waldstück oberhalb von Aufkirch, einem Weiler auf einer Anhöhe nördlich der Überlinger Stadtgrenze. Daraufhin alarmiert die ILSt den diensthabenden Löschzug der FF Überlingen sowie den Kreisbrandmeister des Bodenseekreises, Henning Nöh. Zeitgleich alarmiert die Nachbarleitstelle des Landkreises Sigmaringen die FF Herdwangen-Schönach nachdem sie Meldungen über einen Flugzeugabsturz erhalten hat.

Um 23 Uhr 44 wird der ILSt der „Einschlag eines unbekannten Gegenstandes“ in einem Waldstück bei Taisersdorf gemeldet; sie alarmiert daraufhin die örtlich zuständige FF Owingen. Die Owinger Feuerwehr ist bereits vor der Alarmierung beim Ausrücken. Viele Feuerwehrangehörige haben das Ereignis beobachtet und sich sofort auf dem Weg ins Feuerwehrhaus gemacht. Bereits auf der Anfahrt zählen die Feuerwehrleute sechs Leichen, die an und neben den Straßen liegen. Aufgrund einer nun einsetzenden massiven Häufung von Notrufen, die teilweise konkretere Informationen erhalten,  ergibt sich innerhalb der nächsten zwei Minuten für die Mitarbeiter der ILSt ein erstes Lagebild, wonach mindestens ein größeres Flugzeug im Gebiet zwischen Überlingen und Owingen abgestürzt sein muss. Zeitgleich wird aus Owingen der Brand eines Gebäudes gemeldet. Die ILSt alarmiert daraufhin in großem Umfang Sanitätseinheiten des Landkreises, darunter den leitenden Notarzt (LNA), ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF), vier Rettungswagen (RTW) und fünf Schnelleinsatzgruppen (SEG), sowie zwei weitere Löschzüge und die Führungsgruppe der FF Überlingen. Des weiteren werden bei der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega) in Zürich-Kloten zwei nachtflugtaugliche Rettungshubschrauber (RTH) angefordert und von den Nachbarleitstellen Konstanz und Sigmaringen weitere Rettungsdienstkräfte mit zwei NEF, zwei RTW und einem Krankentransportwagen (KTW) alarmiert.

Aufgrund des geänderten Lagebildes erhalten die ausrückenden Feuerwehren über Funk nun die Klartextmeldung: „Flugzeugabsturz, näheres Unklar, Anfahrt auf Sicht“. Die bislang alarmierten Einheiten der Feuerwehren treffen zwischen 23 Uhr 50 und 23 Uhr 55 an den ihnen zugewiesenen Einsatzstellen ein, die durch weithin sichtbaren Feuerschein unschwer zu finden waren. Sie beginnen an vier verschiedenen Orten (Aufkirch, Brachenreute, Owingen und Taisersdorf) umgehend mit der Brandbekämpfung.

Dienstag, 02.07.2002

Aufgrund weiterer Notrufe, erster Lageberichte und Recherchen wird kurz nach Mitternacht klar, dass es sich um zumindest ein größeres Flugzeug handeln muss. So meldet beispielsweise um 00 Uhr 02 der Gruppenführer des bei Brachenreute eingesetzten LF 16 daß er an einem, sich im Vollbrand befindlichem, dreistrahligen (!) Hecktriebwerk einer Maschine unbekannter Bauart mit russischen Hoheitszeichen die Brandbekämpfung eingeleitet habe.  Kurz darauf wird auch klar, dass es sich um keinen isolierten Flugzeugabsturz sondern um den Zusammenstoß zweier Maschinen handeln muss.

Die ILSt erhält nun auch die Meldung, dass ein Flugzeug oder Teile davon in den Bodensee gestürzt sei. Sie leitet daher einen Such- und Rettungseinsatz auf dem Bodensee ein, zu dem die Feuerwehren Friedrichshafen und Konstanz mit ihren Feuerlöschbooten, die bayrischen Feuerwehren Lindau und Lindenberg sowie das THW Lindenberg alarmiert werden. Um 00 Uhr 17 werden die Feuerwehren Salem und Frickingen werden ins Schadensgebiet bei Taisersdorf entsandt, wo die Owinger Ortsteilwehren Taisersdorf und Hohenbodman unterstützt durch die FF Herdwangen-Schönach im Einsatz befinden. Die Einsatzkräfte sind zu diesem Zeitpunkt damit beschäftigt, die in einem kleinen Waldstück  in nahezu kompletten Zustand abgestürzte Boeing 757 zu löschen, die sich im Vollbrand befindet. Zur gleichen Zeit hat die FF Überlingen die Brände bei Aufkirch und Brachenreute gelöscht. Das bei Aufkirch im Einsatz befindliche TLF 16/40 fährt den nächsten Hydranten an, um sich wieder einsatzbereit zu machen.

Der Gruppenführer des bei Brachenreute befindlichen LF 16 ordnet zur selben Zeit den Beginn der Personensuche durch sämtliche, in diesem Gebiet befindlichen Einsatzkräfte an. Rund zwei Dutzend Feuerwehrleute, THW-Helfer sowie Polizei- und Bundesgrenzschutzbeamte  bilden die erste Suchkette dieser Nacht. Bald schon finden die Helfer drei Leichen.

Nachdem sich KBM Nöh, vermutlich aufgrund technischer Probleme bei der Alarmierung (Funkschatten o. ähnl.),  bislang noch nicht im Einsatz befindet, veranlasst sein Stellvertreter, StBM Louis Laurösch, der sich mit der FF Friedrichshafen mittlerweile auf der Anfahrt befindet, die Alarmierung der Technischen Einsatzleitung des Landkreises Bodenseekreis (TEL) sowie der Führungsgruppe der FF Friedrichshafen zum Einsatz als Fernmeldebetriebsstelle der TEL. Es wird beschlossen die TEL in der Feuerwache von Überlingen einzurichten. Zeitgleich mit der Alarmierung der TEL um 00 Uhr 24 werden auch der Landrat des Bodenseekreises, Siegfried Tann, sowie die zuständige Dezernentin „Recht und Ordnung“ des Landratsamtes, Regierungsdirektorin Sabine Reiser, verständigt und aufgefordert, sich in der Feuerwache in Überlingen einzufinden.

Zwischenzeitlich wurden über die Nachbarleitstellen Ravensburg, Sigmaringen, Konstanz und Kempten weitere Sanitäts- und Wasserrettungseinheiten, hier vor allem der DLRG-Verbände der Landkreise Konstanz und Bodenseekreis. Gemeinsam mit den Feuerlöschbooten und den Schiffen der Wasserschutzpolizei bilden sie eine Suchkette auf dem nächtlichen See mit anfänglich 15, später bis zu 30 Booten. Im Abstand von jeweils rund 100 Metern suchen die Bootsbesatzungen systematisch die ganze Nacht hindurch die Wasseroberfläche des Überlinger Sees nach möglichen Absturzopfern, Trümmerteilen und Anzeichen für ausgelaufenen Treibstoff ab. Den Rettungstauchern der Feuerwehren Lindau und Lindenberg wird als Bereitstellungsraum der an der Bundesstraße 31 gelegene Parkplatz an der Kloster- und Wallfahrtskirche Birnau zugewiesen. Ihr Einsatz wird für den Beginn der Morgendämmerung geplant. Die FF Hagnau wird um 00 Uhr 51 alarmiert. Sie richtet gemeinsam mit der FF Überlingen, Abteilung Lippertsreute einen Hubschrauberlandeplatz an einem großen Kreisverkehr zwischen Überlingen und Owingen (Andelshofer Weiher) ein. Die Hubschrauber befinden sich teilweise bereits über dem Absturzgebiet und suchen aus der Luft nach potentiellen Überlebenden. Im Laufe der Nacht kommen neben einer Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes die beiden Rega-RTH aus der Schweiz, drei SAR-RTH sowie ein in Laupheim stationierter Großraum-RTH vom Typ CH 53 der Bundeswehr zum Einsatz.

Um 01 Uhr 10 erfährt der für das Regierungspräsidium Tübingen zuständige Bezirksbrandmeister, Brandrat Andreas Spahlinger, von dem Ereignis und rückt von Tübingen aus zur Einsatzstelle an.

Nur 51 Minuten nach ihrer Alarmierung übernimmt die TEL um 01 Uhr 15 offiziell die Einsatzleitung. Als Einsatzleiter fungiert KBM-Stellvertreter Louis Laurösch.

Weitere Bereitstellungsräume werden westlich des Absturzgebietes auf einem Firmengelände in Ludwigshafen (Landkreis Konstanz) und nordöstlich am Feuerwehrgerätehaus Markdorf (Bodenseekreis) gebildet. Für bereits im Schadensgebiet befindliche Sanitätseinheiten und bei der Brandbekämpfung nicht mehr benötigte Kräfte wird neben dem Hubschrauber-Landeplatz am Andelshofer Weiher ein weiterer Bereitstellungsraum eingerichtet. Die Polizei ist mittlerweile dabei, sämtliche Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Bereich des Schadensgebietes für den zivilen Verkehr komplett zu sperren und zieht aus dem ganzen Land massive Kräfte zusammen. Damit beginnt unter Leitung des Friedrichshafener Polizeidirektors Hans-Peter Walser gleichzeitig zum Einsatz der übrigen BOS-Kräfte der bislang größte Polizeieinsatz in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg.

Um 01 Uhr 30 erhält die TEL von der Polizei erste genauere Informationen über die beteiligten Flugzeuge. Es ist von bis zu 80 Passagieren zuzüglich Besatzung an Bord der Tupolev die Rede. Dies führt um 01 Uhr 35 zur vorsorglichen Alarmierung der Stabsleiter des KatS-Stabes des Landkreises. Innerhalb der nächsten 15 Minuten gehen bei der TEL Meldungen über den Fund von insgesamt 11 Leichen bei Brachenreute sowie einer nicht näher bestimmbaren Anzahl von Leichenteilen bei Owingen ein. Daraufhin werden für Suchaufgaben weitere Feuerwehreinheiten mit Beleuchtungsgeräten, in der Regel LF 16 mit Lima, sowie die Rettungshundestaffeln Sigmaringen, Nürtingen, Ulm und Tuttlingen alarmiert und in Richtung der Bereitstellungsräume in Marsch gesetzt.

Um das rund 30 Quadratkilometer große Einsatzgebiet besser zu ordnen werden von der TEL drei Einsatzabschnitte gebildet:

·   Brachenreute (Absturzstelle Tupolev)

·   Taisersdorf

(Absturzstelle Boeing)

·   Owingen

(In bzw. bei Owingen waren größere Wrackteile des Passagierflugzeugs niedergegangen und auf den Straßen und ortsnahen Feldern fanden sich zahlreiche Leichen).

Die Suchaktion auf dem Bodensee wird von der Wasserschutzpolizei in einem Polizeiabschnitt „See“ geleitet.

Um 02 Uhr 10 meldet das DRK sieben SEG´en mit 100 Helfern und 10 Notärzten im Bereitstellungsraum „Andelshofer Weiher“ einsatzbereit. Innerhalb der nächsten 30 Minuten werden insgesamt fünf Suchgebiete gebildet, die dann von Feuerwehr-, Sanitäts- und THW-Einheiten abgesucht werden. Im Laufe der Nacht stoßen die Helfer auf immer mehr Leichen sowie Leichen- und Trümmerteile, deren Anzahl und Lage dokumentiert und an die TEL übermittelt wird.

Zwischenzeitlich treffen in zunehmender Anzahl Medienvertreter sowohl im Polizeirevier als auch in der Feuerwache von Überlingen ein. Um das rasant eintretende Medieninteresse zu kanalisieren erfolgt um 03:00 Uhr eine erste Medieninformation in der Feuerwache und für 04:00 Uhr wird eine erste Pressekonferenz im „Kursaal am See“, einem größeren Veranstaltungsraum an der Uferpromenade, vorbereitet. Um 02:56 Uhr wird ein großes Kabinenteil bei Brachenreute entdeckt. Auch hier gibt es keinerlei Anzeichen für Überlebende. Die TEL nimmt in der Zwischenzeit direkt Kontakt zur Flugsicherung und der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) auf, um weitere Einzelheiten über mögliche Opferzahlen und Beladung der Flugzeuge zu erhalten. Nach diesen Informationen ist die Tupolev mit mindestens 93 Insassen abgestürzt. Später am Tag wird sich herausstellen, dass diese Zahl auf 69 Personen korrigiert werden kann. Von der Frachtmaschine wird bekannt, dass sich lediglich zwei Besatzungsmitglieder, sieben Tonnen Fracht und acht Tonnen Kerosin an Bord befanden. Um 03 Uhr 45 wird die TEL-Anfrage nach weiteren Recherchen auch dahingehend beantwortet, dass sich an Bord der Frachtmaschine kein Gefahrgut befand. Die Suchaktion auf dem Bodensee ergab bisher keinerlei Anhaltspunkte für einen Absturz von Flugzeugteilen oder Gewässerverunreinigungen. Noch immer sind die Suchtrupps unterwegs und finden bei Tagesanbruch immer mehr Leichenteile, vor allem im Bereich Owingen. Gleichzeitig stellen die Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes ihre Suche mit Infrarotkameras ein.

Mittlerweile liegen gesicherte Erkenntnisse über den Hergang sowie die Flughöhe der beiden Maschinen vor. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass niemand den Absturz überlebt hat. Zudem steht fest, dass es unter der Bevölkerung am Boden keine Opfer gegeben und es zu keinen umfangreichen Gebäudeschäden gekommen ist, da die Hauptabsturzstellen in Wäldern bzw. auf Feldern liegen. Dies markiert den Übergang in eine schwerpunktmäßige „Polizeilage“. Damit werden auch die Einsatzstellen zu Tatorten und die Polizei übernimmt die Einsatzleitung. Die TEL wird daraufhin um 06 Uhr 20 aufgelöst und der Einsatz der Feuerwehr-, THW und Sanitätseinheiten beendet.

Die Feuerwehren Owingen und Überlingen richten Wachbereitschaften ein und werden den ganzen Tag über zu verschiedenen technischen Hilfeleistungen, wie zum Beispiel der Bergung einer auf einem Baugerüst aufgespießten Leiche mit einer Drehleiter sowie für Nachlöscharbeiten benötigt. Um 15 Uhr 12 wird der Gefahrgutzug der FF Überlingen alarmiert. In einer der Tragflächen soll sich noch eine nicht näher abschätzbare Menge Kerosin befinden, obwohl diese beim Aufprall im Vollbrand war. Als der Gefahrgutzug seine Arbeit am Abend beendet hat, haben sie insgesamt 3.500 Liter Flugbenzin aus der bis zu 4 Meter im Erdreich steckenden Tragfläche abgepumpt. Die Polizei  bringt im Laufe des Tages 800 Polizeibeamte zum Einsatz. Sie riegeln die betroffene Region nahezu hermetisch ab und beginnen mit Suchaktionen unter kriminalistischen Aspekten.

Mittwoch, 03.07.2002

An diesem Tag findet der wohl belastendste Einsatz im Gesamtverlauf des Geschehens statt. Der Rumpf der bei Brachenreute abgestürzten Tupolev wird von den beiden technischen Zügen der THW-Ortsverbände Überlingen und Stockach mit Rettungsscheren, Trennschleifern und Hebegeräten geöffnet nachdem die am Flugzeug angebrachten Beta-Strahler von der FF Überlingen geborgen und in Spezialbehältern gesichert wurden. Die Feuerwehr stellt darüber hinaus während der Bergungsarbeiten den Brandschutz (TLF 16/40, MTW)  sicher. Bis gegen 18 Uhr werden aus dem Wrack die überwiegend bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Leichen der beiden Piloten sowie von 22 weiteren Opfern, meist Kinder und Jugendliche, geborgen. Den Einsatzkräften steht hierbei  ein Feuerwehr-Notfallseelsorger aus dem Landkreis Sigmaringen sowie ein Mitarbeiter des DRK-Kriseninterventionsdienstes zur Verfügung. An diesem Tag sind 650 Polizeibeamte bei der Bergung, bei weiteren Suchaktionen sowie bei der Absperrung der Fundorte im Einsatz.

Um 21 Uhr 30 wird die FF Owingen nochmals zu Nachlöscharbeiten an dem Wrack des Frachtflugzeugs alarmiert.

Donnerstag, 04.07.2002

Um 00:30 Uhr sind die Nachlöscharbeiten in Taisersdorf beendet. Die Bergungsarbeiten in Brachenreute dauern noch bis 04:00 Uhr an. Sie wurden über die Nacht fortgesetzt, da im Laufe des Tages die Angehörigen der Absturzopfer erwartet werden und ihnen der Anblick dieser Einsatzstelle erspart werden sollte. Aus Rücksicht auf die Angehörigen erfolgen an diesem Tag keine weiteren Bergungseinsätze mehr. Die FF Owingen stellt von 07 Uhr bis 21 Uhr eine Fahrbereitschaft für Notfallseelsorger her. Die Polizei bringt 1.250 Kräfte für weitere Suchmaßnahmen und insbesondere für die Abschottung der Angehörigen von den in Scharen anwesenden Medienvertretern zum Einsatz.

Freitag, 05.07.2002

Die Bergung des Heckteils der Tupolev, an dem die Angehörigen tags zuvor Abschied von den Absturzopfern genommen haben, beginnt um 11 Uhr 06. Helfer des Technischen Hilfswerks zerkleinern unter Anleitung der Experten der BFU die Teile bis gegen 23 Uhr. Die FF Überlingen stellt den Brandschutz an der Einsatzstelle mit einer erweiterten Löschgruppe sicher. Zeitgleich ist die FF Owingen bei der Bergung der Frachtmaschine der Boeing im Einsatz.

Die Polizei hat an diesem Tag 800 Kräfte zusammengezogen und sucht schwerpunktmäßig weiter nach noch fehlenden Opfern.

Samstag, 06.07.2002

An diesem Tag sollen die Bergungsarbeiten abgeschlossen werden. Wieder sind zwei technische Züge des THW sowie die Feuerwehren Überlingen und Owingen in Aufkirch bzw. Taisersdorf im Einsatz. In Aufkirch müssen die Bergungsarbeiten unterbrochen werden, da im Verlauf der Bergung weiteres Kerosin entdeckt wird. Der Gefahrgutzug der FF Überlingen pumpt nochmals 500 Liter Kerosin aus einer Bodenmulde bei der nun mit Hilfe eines Baggers freigegrabenen Tragfläche.

Die Polizei ist mit 600 Mann im Einsatz. Noch immer werden kleine Trümmerstücke im Absturzgebiet gefunden, dokumentiert und abtransportiert.

Sonntag, 06.07.2002

Am Sonntag sind keine größeren Einsätze mehr zu verzeichnen. Am Abend findet auf Wunsch der Einsatzkräfte ein Gedenkgottesdienst an der Hauptabsturzstelle der Tupolev bei Brachenreute statt. Rund 3.000 Menschen nehmen daran teil. Vertreter der Hilfsorganisationen errichten im Verlauf des Gottesdienstes ein schlichtes Holzkreuz zum Gedenken an die Opfer. Für einen Großteil der Einsatzkräfte findet damit auch das Gesamtgeschehen einen mentalen Abschluss. Die Polizei, die an diesem und dem darauf folgenden Tag jeweils rund 600 Kräfte im Einsatz hat, konnte mittlerweile die letzten beiden noch vermissten Opfer auffinden. Während ein Teil der bereits identifizierten Todesopfer  Ende der Woche mit einer Sondermaschine nach Baschkirien überführt wurde, können die letzten Leichen nach ihrer Identifizierung am Freitag, den 13.07.2002 ausgeflogen werden.